Feldpost im Zweiten Weltkrieg
 Start ❘  Kontakt, Kooperation & Impressum ❘  Häufig gestellte Fragen
 Feldpost ❘  Die Arbeit der Feldpost ❘  Zensur
 Literatur ❘  Werkstatt ❘  Ausgewählte Briefe ❘  Links
 Sammlungen und Archive ❘  Briefe an ein Archiv übergeben ❘  Tipps zum Aufbewahren
  » English 

Gedicht eines Soldaten

Walk, September 1944

An die Freude

( In Gedenken an Schillers Gedicht )

Freude, Freude ach wie selten
Schenkst du mir dein heitres Los.
Hoch dort oben, über Welten
Ruhst du in der Mutter Schoß.
In der Ferne, im Gedenken
Sehne ich mich nach dem Glück,
Doch die weisen Götter lenken
Alle Freud' von meinem Blick.
Und so wähne ich die Schwere
In des Schicksals Geisterlehre.
Undurchdringlich ist die Nacht,
Wo des Hades Wächter wacht.

Nichts mehr ziert die Menschenseelen
Was der Freude noch verwandt.
Wenn sie sich der Lieb vermählen,
Ist's die Lust nur, die sie bannt.
Niemand gönnt dem Andren Leben,
Rücksichtsloses Menschentum,
Über Leichen geht das Streben
Und zertretnes Heiligtum.
Was die Einen sehnlichst Hoffen,
Ist schon durch das Schwert getroffen,
Und was ihnen göttlich war,
Opfert man dem Weltaltar.

Macht und Geld schürt das Verderben,
Ihre Sprache ist ein Hohn.
Und die blutgen Trommeln werben
Dumpfes Volk um Henkerslohn.
Trostlos steht die Welt in Trümmern,
Trostlos reckt sich Wald und Flur.
Durch die Straßen geht ein Wimmern
Und ein Ach durch die Natur.
Und die Häuser und die Gassen
Stehen öde und verlassen,
Nur am Stock von Bau zu Bau
Humpelt eine graue Frau.

Und das Volk hebt auf die Hände,
Ringt und schreit nach einem Gott,
Denn die Weisheit ist am Ende
Und das Recht ist das Schafott.
Alles fühlt mit stummem Schauer
Ein Gebet es ist zu spät.
Weiß denn Heut der wackre Bauer
Ob er erntet was er säht?
Steht nicht morgen schon im Feuer,
Was uns allen lieb und teuer?
Berstend stürzt in einer Nacht
Was uns Freude einst gemacht.

Werft es fort, was euch noch eigen,
Die Hyänen kommen bald,
Und die Ungetiere zeigen
Sich in jeglicher Gestalt.
Wisst ihrs denn, ihr schönen Rosen,
Ob der Sturm nicht bald euch bricht?
Glücklich sind die Heimatlosen,
Denn sie kennen Liebe nicht.
Über allem schwebt verhangen
Dunkles ahnungsvolles Bangen.
Doch der Götter Haus ist leer
Und Apoll kehrt nimmermehr.

Hin und her, in hohen Hallen,
In der Fackeln fahlem Glanz,
Führen Hephästos Vasallen
Ihren unheimlichen Tanz.
Und im Auf-und-Niederwogen
Bannen sie mich in den Kreis.
Alles ist dahin geflogen,
Was noch von der Freude weiß.
In den Raum, in ferne Weiten,
In des Himmels Ewigkeiten,
Dort, wo niemand ist noch war,
Zog der Götter Sonnenschar.